Emotional kompetentes Handeln: Saboteure im Kopf ausschalten

In der Psychologie spricht man von fünf inneren Antreibern, die als typische Quälgeister in unserem Kopf ihr Unwesen treiben – und, die uns oft zu Verhaltensmustern bringen, die uns nicht gut tun. Man kann daher auch von Saboteuren sprechen.

Aus dem Personal Letter vom März 2017:

Emotional kompetentes Handeln No#4:
Saboteure im Kopf ausschalten

Sie sitzen in einer Besprechung mit Fachkollegen, haben im Vorfeld ein Konzept erarbeitet und stellen dies heute vor. Die Kollegen stellen kritische Fragen, widersprechen Ihren Ideen und machen Ihnen die erhoffte Wirkung Ihrer Präsentation madig.

Statt die eigene Meinung und Ihre Ansätze sicher und überzeugend zu erklären, ziehen Sie sich zurück, werden leiser, widersprechen nicht, knicken ein. „Gegen die habe ich ja eh keine Chance. Ich finde sowieso nicht die passenden Worte, um die Anderen zu überzeugen. Vielleicht ist mein Ansatz wirklich nicht gut genug.“

Solche Momente kennen wir alle – Momente, in denen die Selbstkritik überhandnimmt und wir uns innerlich abwerten. Wir geraten in ein Selbstgespräch und glauben uns dabei jeden Satz.

Unsere inneren Kritiker haben viele Stimmen

Am häufigsten taucht der innere Kritiker auf, der uns einredet, dass wir abgelehnt werden. Es gibt noch andere innere Kritiker, z. B. diejenigen, die uns antreiben oder uns dazu bringen möchten, dass wir uns besonders lieb und artig benehmen.

In der Psychologie spricht man von fünf inneren Antreibern, die als typische Quälgeister in unserem Kopf ihr Unwesen treiben – und, die uns oft zu Verhaltensmustern bringen, die uns nicht gut tun. Man kann daher auch von Saboteuren sprechen. Diese zeigen sich dann z.B. im Vermeiden emotional bedrohlicher Situationen, wie dem Halten eines Vortrages, dem Ansprechen eines Konfliktes oder dem Äußern von Kritik. Andere Resultate der erfolgreichen Arbeit unserer inneren Antreiber können auch übertriebener Arbeitseinsatz oder ein ausgeprägtes Kontroll- bzw. Sicherheitsverhalten sein.

Wir haben diese inneren Kritiker nicht ohne Grund. Dies ist eine sinnvolle, früh gelernte Strategie, die als Anpassungsmechanismus fungiert – eine Art emotionaler Schutzstrategie. Die meisten dieser inneren Antreiber lernen wir in der Kindheit. Aber sie können auch im Erwachsenenleben entstehen.

Bin ich z. B. von meinem ersten Chef wegen jeder Kleinigkeit kritisiert worden, gebe ich erstmal möglichst keinen weiteren Anlass zur Kritik. Nicht selten fangen Menschen daraufhin an, sich selbst hart zu kritisieren und keine Fehler zuzulassen.

Saboteure und innere Kritiker motivieren uns auch zu Höchstleistungen. Sie schützen uns davor, dass wir uns blamieren oder dass wir zurückgewiesen werden. Auch kann solch ein Saboteur ein professioneller „Vermeider“ sein. „Bloß nicht den Chef auf eine Gehalts-erhöhung ansprechen“ oder den Mitarbeiter bitten, sich im aktuellen Projekt mehr einzu-setzen. Auch dieser Anteil möchte uns vor negativen Gefühlen oder Ablehnung schützen.

Wieso machen wir unsere inneren Antreiber nicht mundtot?

In unserem Gehirn gibt es ein Selbstschutzsystem, das dafür sorgt, eine Bedrohung in Nullkommanichts als solche zu erkennen. Wenn unsere inneren Saboteure aktiv werden, aktiveren sie dieses innere Alarmsystem. Wir haben also ohne Erkennen, dass hier einer unserer Saboteure am Werk ist, praktisch keine Chance, bewusst ein Veto einzulegen. Der Gedanke kommt, wir fühlen uns gestresst und sofort stellt der Körper um auf Kampf- oder Flucht-Mechanismus, wie im Beispiel oben (nichts mehr sagen, keine Widerrede, Rückzug).

Ein anderes System, das unser Verhalten beeinflusst, ist das Motivationssystem. Wir sind motiviert, ein bestimmtes Verhalten an den Tag zu legen, wenn wir damit gute Erfahrungen machen. Wer sich darum bemüht, perfekt zu sein, leistet im Zweifel auch sehr viel und vermeidet dadurch Kritik oder den scheinbar unaufhaltbaren Kontrollverlust. Das motiviert uns, so weiter zu machen. Wenn wir uns beeilen und damit andere entlasten, weil sie zum Beispiel nicht warten müssen oder wir etwas sehr zügig erledigen und dafür Lob bekommen, funktioniert das ebenso stimulierend. Wir werden uns also weiterhin beeilen, um Anerkennung zu finden. So bedient auch unser Motivationssystem mit seinen inneren Antreibern „Sei perfekt“ oder „Mach schneller“ unsere Bedürfnisse nach Akzeptanz und Verbundenheit.

Unser Gehirn funktioniert also wie eine Kommode mit verschiedenen Schubladen, die z.B. „der innere Kritiker“, „Dramatisierer“ oder „Ich bin nicht gut genug-Urteiler“ heißen.

Ein Impuls von außen drückt unseren Schubladen-Knopf und die Schublade springt auf. Die am häufigsten benutzten Schubladen gehen natürlich leichter und schneller auf – und bestimmen dadurch fast automatisch unser Denken, Fühlen und Handeln.

Den Autopiloten wahrnehmen – Abstand gewinnen

Das ist aber alles gar nicht so schlimm, wie es sich liest, denn: Wir können unsere eigenen Saboteure entdecken. Und zwar dann, wenn wir uns unsere Gedanken und die daraus entstehenden Gefühle bewusst machen. Dann handeln wir nicht mehr reflexartig, wie im Autopilotenmodus, sondern wir erkennen, was in der aktuellen Situation sinnvoll und angemessen ist. Wir erobern uns also unsere Flexibilität und Freiheit des Verhaltens zurück, indem wir entscheiden, ob der innere Autopilot hier hilfreich oder störend ist.

Das gelingt uns, indem wir unsere innere Beobachtungsgabe aktivieren. Sie ist die Instanz, die den Autopiloten abschalten kann und uns wieder zur Bewusstheit führt. Dazu müssen wir die Aufmerksamkeit in die Gegenwart lenken und bemerken, was da gerade passiert. Wir trennen in diesem Moment also Unbewusstes von Bewusstem.

Es kann hilfreich sein, den Atem zu nutzen, um buchstäblich wieder zu uns zu kommen und klar denken zu können. Denn der Atem verankert uns in einer unumstößlichen Gegenwart und Realität: unserem Körper. Durch das Umschalten von Gedanke auf Körper gewinnen wir Abstand zu unserem inneren Treiber, der als sich als innere Stimme ja meist in Form von Gedanken äußert.

Ab jetzt können wir die Vorgänge in unserem Kopf wieder beeinflussen und die Führung und Entscheidung über unser Verhalten an uns nehmen. Und das gelingt natürlich umso besser, je mehr wir über unsere inneren Denk- und Reaktionsmuster wissen, mit denen wir uns selbst sabotieren.

Es lohnt sich also, mal ganz frei darüber nachzudenken, welche Schubladen bei Ihnen oft aufgehen, mit welchen Verhaltensmustern Sie auf bestimmte Situationen reagieren, wo und wie Sie sich erfolgreich klein machen und welche inneren Antreiber Sie motivieren, Anerkennung und emotionale Sicherheit zu suchen.

Mein Praxistipp für Sie:

Für manche Menschen ist es hilfreich, die wiederkehrende typische innere Stimme mit einem äußeren Gegenstand symbolisch zu unterstützen. Das kann ein Radiergummi sein, der uns daran erinnert, dass wir uns nicht selbst klein machen und „wegradieren“ müssen in schwierigen Diskussionen oder Situationen.

Es kann auch ein Schlüsselanhänger sein, der uns hilft, daran zu denken, dass der innere Saboteur nur ein Teil von uns ist, eine Facette, und dass wir weitere Anteile und Möglichkeiten in uns haben – andere Schlüssel, wie auch unseren inneren Beobachter, um eine neue Tür zu finden, die uns hier konstruktiv weiter bringt.

Also, atmen Sie tief ein und aus, wenn es brenzlig wird und Sie Ihre innere Stimme gerade als sabotierend erleben, denken Sie an den Radiergummi oder den Schlüssel – oder Ihren ganz persönlichen Anker – und entscheiden Sie sich bewusst dafür, wie Sie sich jetzt gerade verhalten möchten, ohne auf die innere Stimme des ‚Sichkleinmachens‘ zu hören.

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